Von Iris Bandner
Der Sommer ist endgültig vorbei. Die Herbststürme ziehen über das Land. Die Wolken türmen sich furchterregend am Himmel. Dunkel und grau färbt sich der Horizont. Die Sonne lässt sich den ganzen Tag nicht blicken und sie versteckt sich hinter den Wolkenbergen. Die Tage werden immer kürzer. Schon früh am Mittag senkt sich die Dämmerung über den Wald und es ist richtig ungemütlich. Die Vögel haben ihr Gezwitscher eingestellt. Die Singvögel sind bereits in den Süden geflogen. Nicht alle Vögel haben sich aufgemacht um in warmen Ländern zu überwintern. Diejenigen, die noch da sind, sind sowieso nicht auf Konzerte eingestellt. Meistens sind es Rabenvögel, Spechte und Spatzen. Sicherlich gibt es noch andere Vögel, aber sie sind doch nicht so zahlreich, dass man noch die bunte Vielfalt in den Bäumen entdecken kann. Die schwarzen Raben ziehen krächzend ihre Kreise am Himmel oder sie sammeln sich auf den abgeernteten Feldern, um noch das eine oder andere Körnchen Gerste, Weizen oder Roggen auf der trockenen, kahlen Erde zu finden.
Hermine ist fast schwermütig, wenn man so etwas von einer Kröte sagen kann. Sie vermisst ihre Freunde, die sich schon in ihre Winterquartiere zurückgezogen haben. Vereinzelt kommen noch die Wiesel, Mäuse und Eichhörnchen bei ihr am Ufer vorbei, um kurz Grüß Gott zu sagen. Aber eigentlich ist es langweilig, so am Ufer zu sitzen und nur den Gedanken nachzuhängen. Aber manchmal wird es ganz spannend. Wenn sich der Wind erhebt und ein Sturm entwickelt sich. Dann ist aber eine schnelle Flucht angesagt. Hermine mag zwar die Aufregung und die Abwechslung, aber sie weiß, hinter einem Stein oder in einer Höhle ist es sicherer.
Wenn der Wind die Stöckchen und Äste von den Bäumen fegt, das Laub aufwirbelt und manchmal sogar kleine Steine durch die Gegend fegt, ist es Zeit, ihren Unterschlupf aufzusuchen. Außerdem fängt es auch meistens an zu regnen. Was heißt hier regnen. Sturzbäche von Wasser fallen aus dem Himmel. Das ist selbst einer Kröte, die ja gerne im Wasser ist, zu viel. Die Temperaturen werden nun auch jeden Tag niedriger und der Winter steht vor der Tür. Dann ist auch jeden Tag mit Schnee und Eis zu rechnen. Selten läßt sich die Sonne blicken.
Aber Hermine weiß, nun ist bald Weihnachten. Die stille Zeit. Auch für die Natur. Alles legt sich schlafen und wartet auf das kommende Frühjahr. Nun beginnt die Zeit der Feen und Waldgeister. Sie freuen sich auf das Christkind und Knecht Ruprecht. Ganz leise kommen sie aus ihren Verstecken und verbreiten den Weihnachtsglanz. Nicht wie in der Stadt mit elektrischen Lichtern und lauter Musik aus jedem Kaufhaus. Die Natur hat ganz eigene Möglichkeiten, den Zauber der Weihnacht über den Wald zu legen.
Doch davon in der nächsten Geschichte.